Portrait

Zu Besuch bei Tausendsassa Ivan Urech

Atelier Classic Bar, Thun

Im Gespräch mit Ivan Urech, Atelier Classic Bar Thun

Er hat sich in die Top Liga der Bartender «gemixt». Sein Weg dorthin war alles andere als einfach. Nach unzähligen Auszeichnungen - darunter die Titel Schweizermeister, Bartender des Jahres, Gewinner Best of Swiss Gastro - um nur einige zu nennen, setzt sich der talentierte und erfahrende Barkeeper heute vor allem für den Nachwuchs und ein anerkanntes Berufsbild für Barkeeper ein.

Ivan, du spielst mittlerweile in der Top-Liga der Bartender mit. Aber fangen wir ganz von vorne an. Wo hast du dir deine Sporen abverdient?
Begonnen hat alles im Parkhotel Gunten und im Waldhotel Doldenhorn in Kandersteg, wo ich eine klassische Ausbildung zum Kellner gemacht habe. Allerdings habe ich schnell gemerkt, dass ich nicht wirklich für den Frühdienst taugte. Mein Ziel war es, nach Abschluss der Ausbildung möglichst rasch als Barkeeper arbeiten zu können.

Hat das geklappt?
Nach der RS bot sich mir im Hotel Seepark in Thun die erste Gelegenheit dazu. Allerdings musste ich relativ schnell feststellen, dass die Aufgaben an der Bar mehr voraussetzten, als ich damals ahnte, geschweige bieten konnte. Ich war überzeugt, dass etwas «Couleur» im Glas und ein lustiger Trinkhalm ausreichen würden, um Gäste zu begeistern. Also habe ich angefangen, mich autodidaktisch weiterzubilden mit dem, was der Bücher-Markt während des Millenniums hergab. Darunter befand sich auch Charles Schumanns’ berühmtes Cocktail Barbuch.

Haben die autodidaktischen Stunden genützt?
Immerhin war meine nächste Station das Grand Hotel Victoria Jungfrau in Interlaken, wo ich solide in die Geheimnisse des «Barkeepern» eingeführt wurde und als Commis de Bar gearbeitet habe. Aber schon bald packte mich das Fernweh und ich zog mit 23 Jahren nach Hawaii, wo ich im Hilton Rainbow Tower in Honolulu Drinks für das multikulturelle und anspruchsvolle Publikum zubereitet.

Welche Erfahrungen hast du dort gemacht?
Ich habe viel gelernt und festgestellt, dass meine Schweizer Kenntnisse in Amerika nicht ausreichten und ich noch viel Entwicklungspotenzial hatte. Amerikaner tranken klassische Drinks wie Martinis und Margaritas. Das ist auch heute noch so. Der Margarita ist seit Jahren der meistverkaufte Cocktail in Amerika. Aber auch Drinks mit Vodka und Whiskey sind dort sehr beliebt.

Ist das in der Schweiz anders?
Bei uns ist Aperol Spritz und Hugo sehr gefragt. Aber auch Weisswein. Hier bevorzugt man generell «leichtere» Getränke.

Hat dich in deinen Anfängen jemand besonders geprägt oder beeindruckt?
Da gibt es viele Wegbegleiter. Zum Beispiel mein ehemaliger Lehrmeister René Maeder vom Waldhotel Dolderhorn. Als Jugendlicher hatte ich mit der Schule nicht viel am Hut, dementsprechend sahen meine Noten aus. Eigentlich wollte ich aus der Gastronomie aussteigen, aber René Maeder hat in mir wohl irgendwo ein Flämmlein brennen sehen und mich sehr unterstützt. Auch Thomas Hänni, Chef de Bar im Victoria Jungfrau und Bruno Zaugg, Inhaber des Nachtclubs Dagoba in Thun, gehören dazu. Es ist schön, wenn Menschen Fähigkeiten in einem sehen, die man selber vielleicht noch gar nicht entdeckt hat, die einem Vertrauen und Freiheiten schenken, damit man sich weiterentwickeln kann. Das gilt auch für, Andreas Wyss und Daniel Schär, meine jetzigen Chefs. Ich kann meine Ideen einbringen und umsetzen und geniesse dazu ihr volles Vertrauen. Das trägt viel zum Erfolg der Atelier Classic Bar bei. 

In deiner Bar zieren unzählige Preise und Diplome die Wand, so dass kaum noch ein Plätzchen frei ist. Bist du ein Jäger und Sammler?
Das hat sich mit der Zeit alles so ergeben. An meinen ersten Wettkämpfen hatte ich noch keinen Coach an meiner Seite. Ich hatte keine Ahnung von den Regeln und wusste überhaupt nicht, was auf mich zukommt. Natürlich landete ich beim ersten Wettkampf direkt auf dem letzten Platz. Ein Typ wie ich ist sich aber nicht zu schade, nach dem Warum und Wieso zu fragen. Ich wollte von der Jury wissen, was nicht gut lief und was ich künftig besser machen muss. Die jeweiligen Feedbacks habe ich mir immer zu Herzen genommen und versucht, mich stetig zu verbessern.

Und dann hat dich irgendwann der Ehrgeiz gepackt?
Ja, obwohl ich viele Niederlagen einstecken musste, oder vielleicht auch gerade deswegen. Aufgeben gibt es bei mir nicht. Langsam ging es aufwärts. Irgendwann spielte ich bei den Top Ten mit. Ich verstand es, an Meisterschaften und Wettkämpfen meine Fehlerquote so gering wie möglich zu halten. 

Das heisst, du hast viel trainiert und Zeit in die Vorbereitungen investiert?
Ich habe vor jedem Wettkampf mehrere Stunden geübt. Sicherlich, etwas Glück gehört auch dazu, aber eine gute Vorbereitung hilft, wenn man weiterkommen will.

Welche Bedeutung haben all diese Auszeichnungen für dich?
Am Wettkampf gilt es, sich mit den Mitbewerbern auseinanderzusetzen und es winken schöne Preise… Aber es geht mir dabei um viel mehr. Bei jedem Wettkampf habe ich Barkeeper aus der ganzen Welt kennengelernt. Dabei sind Freundschaften entstanden, die bis heute anhalten. Ich konnte mir ein tolles Beziehungsnetz aufbauen. Hinzu kommt die Vielfalt an Kreationen, Produkten, Zutaten, die ich jeweils neu kennenlerne, Ansichten und Herangehensweisen, die mir imponieren. Und nicht zu vergessen: Mein Rucksack war danach wieder mit etlichen Erfahrungen gefüllt. Einen Titel zu gewinnen, ist dann einfach noch das Tüpfelchen auf dem i.

Deine nächsten Ziele an Meisterschaften?
Die Teilnahme an Meisterschaften steht nicht mehr so im Vordergrund. Ich sehe mich vor allem in der Ausbildung und im Coaching-Bereich, auch bei meinen Mitarbeitenden, die selber an Wettkämpfen teilnehmen. Ich möchte sie unterstützen, sie begleiten, damit sie die Dinge etwas entspannter angehen können, als ich damals. Und ich will sie motivieren, damit sie ihre Kreativität voll entfalten können. 

Hast du bereits konkretere Pläne im Bereich Ausbildung? 
Aktuell doziere ich das Fach «Bar» an der Hotelfachschule Thun. Zudem arbeite ich am Projekt «Junior Barkeeper» mit, welches von der Gastro Formation Bern ins Leben gerufen wurde. Mein längerfristiges Ziel ist es, für Volljährige eine Zusatzlehre als «Barkeeper EFZ» zu schaffen. Barkeeper soll ein qualifizierter Beruf für Mann und Frau werden. 

Warum fühlen sich Gäste bei dir in der Bar wohl?
Es ist das ungezwungene Ambiente. Thun ist eine bodenständige und kleine Stadt, man kennt sich. Zudem sind wir hier ein langjähriges Team, unsere Gäste wissen, wen sie in der Atelier Classic Bar antreffen. Unsere Drinks sind natürlich toll, aber es sind die Mitarbeitenden, die der Bar diesen gewissen Spirit verleihen.Deine Bar in drei Worten:
Innovativ, konservativ, familiär oder anders ausgedrückt: Ein Ort für jedermann.

Wieso konservativ?
Es ist wichtig, zuerst die Zubereitung klassischer Drinks wie Negroni, Manhattan oder Martini zu erlernen und diese als Klassiker zu respektieren. Erst danach kann man kreativ werden. Konservativ ist nicht negativ gemeint, sondern steht eben für unsere klassische Kundschaft. Innovativ steht für jene, die etwas Neues ausprobieren wollen und familiär, weil es sich bei uns ein wenig so anfühlt, wie wenn man nach Hause kommt.

Dein persönliches Lieblingsgetränk?
Am Mittag darf es ein Glas Weisswein sein, nachmittags gerne ein Gin Fizz, zum Apéro bevorzuge ich einen Negroni und zum Essen ein Glas Sangiovese. Nach dem Essen einen Cognac und ganz generell einfach gerne auch mal ein Bier. Meine Wahl hängt immer von der entsprechenden Situation und meiner Stimmung ab. Ein Glas Champagner lehne ich allerdings nie ab. 

Was gefällt dir am Cook Sortiment?
Die auserlesenen Produkte, die sehr vielseitig einsetzbar sind.

Ivan Urech (41) 
Dipl. Hôtelier-Restaurateur HF, seit sechs Jahren Geschäftsführer der Atelier Classic Bar in Thun. Die Titel Schweizermeister, Bartender des Jahres, Gewinner Best of Swiss Gastro, Gewinner Best Bar Team und die Teilnahme an mehreren Worldfinals haben ihn in die Top Liga der Barkeeper befördert.

Atelier Classic Bar
Rathausplatz 3
3600 Thun
www.bar-atelier.ch
 

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