Montag, 26.12.2022

Dem Profi ins Glas geschaut

Ein Strauch voller Möglichkeiten. Switchel und Shrubs liegen im Trend. Was dahinter steckt, verrät Wolfgang Mayer, Manager Bar and Lounges der Widder Bar in Zürich.

Was sind Switchels und Shrubs?

Switchel und Strauch – Shrub bedeutet auf Deutsch Strauch – haben viele Gemeinsamkeiten. Der Hauptunterschied liegt in der Rolle der Früchte und des Gemüses: Sträucher sind ganz allgemein eine Möglichkeit, um Früchte der Saison mit Essig zu konservieren. Der Switchel, so wie wir ihn herstellen, enthält zwar ebenfalls Essig – ganz besonders Apfelessig –, bekommt seinen Geschmack aber nicht auf der Basis von Früchten. Die wichtigsten Aromastoffe in unserem Switchel sind Melasse, Apfelessig und Ingwer. In einem Erdbeer-Strauch beispielsweise ist die Erdbeere der primäre Aromastoff, der dann durch den Essig beeinflusst wird. Unser Switchel ähnelt eher einem Root Beer, Ginger Beer oder einem traditionellen Ale.

 

Trinkt man diese Drinks besser mit oder ohne Alkohol?

Auf jeden Fall in beiden Varianten, denn gerade alkoholfrei oder auch Low ABV sind beliebt, Tendenz steigend. ABV steht dabei für «Alcoholic strength by volume» (Alkoholgehalt nach Volumen). Low ABVs sind Drinks mit einem niedrigen Alkoholgehalt von 15 bis 25 Prozent.

 

Welche Art von Alkohol nimmt man für die alkoholhaltigen Varianten?

Man kann eigentlich fast alles verwenden, es sollte einfach gut harmonieren.

 

Lassen sich Trends vorhersehen?

Leider nicht wirklich. Wir versuchen immer anhand des amerikanischen oder britischen Markts herzuleiten, was da kommen könnte. Die USA und Grossbritannien sind uns immer ein bisschen voraus.

 

Die Widder Bar verfügt über ein Mixology Labor. Was machen Sie dort?

In unserem Mixology Labor tüfteln wir und stellen natürlich viele Drinks in vielen Variationen und Geräten her.

 

Hat sich der Geschmack der Gäste im Laufe der Zeit verändert?

Der Geschmack hat sich in Europa sehr wohl verändert. Früher haben wir viel mit Zucker und Sirupen gearbeitet, davon ist heutzutage wenig zu sehen. Zudem habe ich das Gefühl, dass seit Covid bewusster und gehobener getrunken wird.

 

Und wie bringen Sie Ihre Gäste auf den Geschmack?

Viele wissen schon, was sie trinken wollen, wenn sie die Widder Bar betreten. Auf der anderen Seite haben wir das Privileg, dass uns unsere Gäste vertrauen und sich durch unsere Kreativität überraschen lassen.


«Die wichtigsten Aromastoffe sind Melasse, Apfelessig und Ingwer.»

 

Wolfgang Mayer

Alter: 39 Jahre
Lieblingsdrink: Vieux Carré
Lieblings-Shrub: Im Winter genau diesen mit Pflaume & Ingwer
Hobbys: Tennis, Sport, Freunde in Bars treffen

 

Zutaten Fruits ‘n’ Roots:

40 ml Glenfiddich (12 years)
15 ml Caol Ila (12 years)
25 ml Plum & Ginger Shrub (Zubereitung nach Rezept unten)
1 Spritzer Chocolate Bitter
2 Spritzer Angostura Bitter

 

Zubereitung:

Alle Zutaten im Rührglas mit Eis kalt rühren und in
einem Nick & Nora Glas ohne Eis servieren.

 

Zutaten Plum & Ginger Shrub:

1000 g Pflaumen
400 g Ingwer
800 g Zucker
300 ml Apfelessig (5%)

 

Zubereitung:

1 kg Pflaumen, 400 g sauberen Ingwer und 800 g Zucker vakuumieren und 24 Stunden im Kühlschrank ruhen lassen. Die festen Bestandteile abseihen und 300 ml einer vorgefertigten, fünfprozentigen Apfelessig-Lösung hinzufügen.

 

Historisches

Switchel wird erstmals im 17. Jahrhundert als beliebtes Sommergetränk in den amerikanischen Kolonien erwähnt und im 19. Jahrhundert tranken ihn Landwirte gerne während der Heuernte als nicht-alkoholischen Durstlöscher («Heumacher’s Punsch»). Auch heute noch wird dazu meistens Wasser mit Essig gemischt, mit Ingwer gewürzt und mit Melasse, Honig, (braunem) Zucker oder Ahornsirup gesüsst. Auch Shrubs trank man während der amerikanischen Kolonialzeit. Hierfür wird ein «Essigsirup» aus gleichen Teilen Früchten, Essig und Zucker hergestellt, der als Softgetränk oder alkoholisch mit Spirituosen gemischt getrunken werden kann.

Mehr erfahren auf widderbar.com


Text: Petra Mürschel-Evans
Foto: Steven Kohl