Montag, 08.08.2022

Fachkräftemangel - So soll es besser werden

GastroSuisse will mit einem Fünf-Punkte-Plan gegen den Fachkräftemangel in der Branche vorgehen. Daniel Borner, der Direktor des Branchen- und Arbeitgeberverbandes, bezieht Stellung.

Welche Reaktionen haben Sie auf den Fünf-Punkte-Plan erhalten?

An der Delegiertenversammlung von GastroSuisse im Mai in St. Gallen fielen die Reaktionen positiv aus. Viele waren froh, dass der Verband nun endlich mit Massnahmen an die Öffentlichkeit tritt. Wichtig ist aber zu betonen, dass jetzt alle gefragt sind. Der Fachkräftemangel hat sehr vielfältige Gründe und kann nur gemeinsam angegangen werden. Der Verband muss sensibilisieren, informieren und instruieren. Die Unternehmer müssen agieren.

«Die Reaktionen waren positiv.»

 

Was sagen Sie zur Kritik, dass der Verband früher auf den Fachkräftemangel hätte reagieren müssen? 

Der Fachkräftemangel ist kein neues Phänomen, er besteht seit Jahren und hat sich aufgrund der Corona-Pandemie akzentuiert. GastroSuisse hat schon früh Angebote zur Linderung des Fachkräftemangels geschaffen, wie etwa unsere Kurzlehrgänge Progresso oder unsere Nachwuchs-Kampagnen. Wir müssen diese Angebote aber noch besser kommunizieren und ausbauen. 

 

Offiziell hat der Fünf-Punkte-Plan keine Abstufung nach Dringlichkeit. Gibt es dennoch eine Massnahme, die Ihnen besonders am Herzen liegt?

Der Dialog zwischen Verband und Unternehmen ist mir sehr wichtig. Es gibt gerade im Bereich Nachwuchsförderung einen grossen Sensibilisierungsbedarf. Junge Arbeitnehmende haben andere Ansprüche als früher: Wertschätzung ist ein wichtiger Punkt, aber auch neue Arbeitszeit- und Lohnmodelle müssen diskutiert werden. Dazu passt das Zitat des britischen Unternehmers Richard Branson: «Nicht der Kunde kommt zuerst, sondern der Mitarbeiter. Kümmern Sie sich um Ihre Mitarbeiter, diese kümmern sich um Ihre Kunden. »

 

Gastronomen müssen heute auf dem neusten Stand der Unternehmens und Personalführung sein, sich in Marketing- und Rechnungswesen auskennen, digital- und trendaffin sein. Ist das nicht zuviel verlangt? 

Es ist ein anspruchsvoller Beruf: Gastronomen sollten Generalisten sein und mit Leidenschaft arbeiten. Ein Gastronom steht, verglichen mit vielen anderen Berufen, mit seiner Arbeit stets in der Öffentlichkeit. Falls beispielsweise ein Handwerker mal einen schlechten Tag hat und einen Fehler macht, erfährt das in der Regel keiner. Bei den Gastronomen hagelt es dann gleich Kommentare – im Gastraum und auch auf Social Media. Trotzdem: Was gibt es Schöneres, als Gastgeber zu sein? Gerade während der Pandemie hat auch die Bevölkerung gemerkt, wie wichtig Restaurants für das gesellschaftliche Leben sind. Ich bin zuversichtlich, dass diese Wertschätzung bleiben wird. Gleichzeitig müssen wir
mit Vorurteilen gegenüber der Branche aufräumen. Darum ist einer der Punkte in unserem Plan eine breit angelegte Imagekampagne.

 

Wie wird diese Kampagne aussehen?

Gerade bei Multiplikatoren wie Lehrern oder Berufsberatenden, die junge Menschen bei der Berufswahl unterstützen, müssen wir ansetzen. Vielfach hören wir, dass diese die Wahl unserer Berufe zu wenig unterstützen. Dort ist Aufklärung nötig. Die Arbeit in der  Gastronomie ist ja äusserst vielseitig. Grossartig ist, wie schnell junge Menschen in der Gastronomie weiterkommen und kreativ sein können. Ab dem zweiten Lehrjahr können sie an Events und Wettbewerben teilnehmen – das motiviert ungemein. Darum würde ich mich über ein junges Testimonial für die Branche freuen. Aber auch Sterneköche haben heute viel Einfluss und eine grosse Ausstrahlung. All das müssen wir stärker vermitteln..

 

5-Punkte-Plan der GastroSuisse

1. Förderung Branchen- und Berufsimage

In einer breit angelegten Imagekampagne sollten die Stärken und Chancen der gastgewerblichen Berufsbildung dargestellt werden.

2. Gezielte Unternehmungsschulung

Gastrosuisse will seine Mitglieder vermehrt sensibilisieren, Coachings anbieten und das hauseigene Seminarangebot ausbauen. Zudem sollten sogenannte Erfa-Gruppen ihre Erfahrungen mit «Best Practice»-Beispielen austauschen und diese auch in die Branche zurückspiegeln.

3. Sicherstellen Nachwuchs

Die Nachwuchskampagne soll aktualisiert und in der Kommunikation auf die aktuelle Generation und die Zielgruppen Eltern und Lehrerpersonen ausgerichtet werden. Bestehende Aktivitäten sollen ausgebaut und die Ausbildungsbetriebe noch stärker gefördert werden.

4. Nachqualifizierung Quereinsteiger

Das bewährte Ausbildungsangebot (Progresso) soll mehr beworben und die betriebsspezifischen Angebote gefördert werden.

5. Attraktive Anstellungsbedingungen

Lohn- und Arbeitszeitmodelle sollen zeitgemässer und Karriere-Modelle gefördert werden. Für Jugendliche soll es vermehrt Austauschprogramme geben.