Dienstag, 07.06.2022

Wie wichtig eine perfekte Menükarte ist

Die Menükarte ist die Visitenkarte eines Restaurants. Gut gemacht, informiert sie die Kundinnen und Kunden nicht nur über das Angebot des Hauses, sondern sie spiegelt auch das Konzept wider und macht im Idealfall «Lust auf mehr». Aber welche Richtlinien gelten in Zeiten von Marketing und Digitalisierung für die perfekte Menükarte? Oliver Moritz, Geschäftsführer des Belvoirpark Restaurants in Zürich, gibt Auskunft.

Der rote Faden

Eine verständliche Menükarte zeigt dem Gast klar auf, welche Gerichte die Küche des Hauses anbietet. Um den Gast nicht zu überfordern, bieten sich pro Kategorie – wie Vorspeise, Hauptspeise, Dessert – drei bis fünf Gerichte an. Diese Gerichte dürfen eine Geschichte erzählen: Was ist der Gästefavorit in der Hausbeiz? Was ist das Familienrezept der Osteria? Welchen lokalen Fisch serviert das Restaurant am See? So findet sich der Gast schnell zurecht, versteht die Philosophie des Hauses und lässt sich vielleicht sogar zu einer grösseren Bestellung verleiten.

 

Die richtigen Worte

Langwierige Ausführungen und blumige Ausdrücke wie «serviert auf einem Beet von…» sind passé. Der Trend zu mehr puristischen Gerichten zeigt sich auch in der Sprache auf der Menükarte: Kurz und klar formulierte Menübeschriebe machen es dem Gast leicht, sich zu informieren. Einige Restaurants gehen so weit, nur die Zutaten aufzulisten, und die Zubereitungsart wegzulassen: Garnele, Rande, Burrata. Das kann dem Gast einen Überraschungseffekt bieten, muss aber zum Konzept des Restaurants passen. Und ganz wichtig: Die Karte sollte grammatikalisch einwandfrei geschrieben sein.

 

Digital und analog

Seit der Pandemie sind sie verbreitet: Die QR-Codes, die die Gäste auf die digitale Menükarte lotsen. Sie sind einfach anzupassen, sind hygienisch und sparen langfristig Betriebskosten. Die digitalen Karten können aber auch anonym und kühl wirken. Das kann gut geschultes Servicepersonal auffangen, welches die Karte kennt und beratend zur Seite steht. Auch hier sollte die Karte ins Konzept passen: In einer urchigen Landbeiz darf das Menü auch auf einer Schiefertafel stehen, beim Businesslunch in der Innenstadt hingegen ist die Karte via QR-Code durchaus passend.

 

Menüpsychologie

Menu Engineering heisst das Zauberwort, das ein rentables Restaurant dank gutem Angebotsmanagement verspricht. So gibt es auf jeder Karte «Stars», die beliebt sind und Einnahmen generieren. Bei «Geduldspielen» handelt es sich um Gerichte, die selten bestellt werden, aber rentabel sind. Einfachere Speisen für kostenbewusste Gäste sind wichtige «Zugpferde». Gerichte, die selten bestellt werden und wenig Einnahmen generieren («Hund») sollten verbessert oder gestrichen werden. Die «Stars» gehören rechts oben auf der Menükarte aufgelistet, denn die Forschung zeigt, dass diese Platzierung am meisten Aufmerksamkeit garantiert.

 

Eins, zwei oder drei?

Gemäss Gregg Rapps, den die New York Times zum «Speisekarten-Papst» gekürt hat, haben zweiseitige Karten den optimalen Umfang. Je grösser das Angebot, desto eher bieten sich separate Karten an – etwa für Getränke oder Desserts. Illustrationen können helfen, ein Gericht zu bewerben, sie sollten aber sparsam eingesetzt werden. Bringt das Personal die Karte an den Tisch, eröffnet das die Möglichkeit, für Beratung und Upselling. Essenziell ist, dass das Servicepersonal die Karte sehr gut kennt. So kann es Empfehlungen aussprechen, etwa «Das ist mein Favorit» oder «Das Gericht ist für den grossen Hunger».

 

Pompös oder minimal?

Flaschenpost, Zeitungspapier oder Klemmbrett: Die Möglichkeiten zur Gestaltung der Karte sind endlos. Die Karte als Designelement hilft, eine spezielle Atmosphäre zu schaffen und kann in der zunehmend erlebnisorientierten Gastronomie eine spannende Komponente sein. Wichtig ist, dass die Karte zum Konzept des Restaurants passt und nicht mehr Aufwand als nötig generiert.

 

Hygiene ist ein muss

Fettige Fingerabdrücke, Speisereste oder Knicke in der Karte sind für Restaurants buchstäblich ein Fettnäpfchen. Eine gepflegte und fleckenlose Menükarte zeigt der Kundschaft, dass im Betrieb sauber und gründlich gearbeitet wird. Menükarten sollten darum täglich gereinigt oder erneuert werden.