Montag, 21.11.2022

Bocuse d’Or Weltfinale

Sieg und Niederlage kennt Christoph Hunziker aus Erfahrung. Der Gastronom hinter dem Schüpbärg-Beizli in Schüpfen BE setzt am Weltfinale des Bocuse d’Or alles daran, seiner Linie treu zu bleiben. «Dieses Mal trete ich für mich an».

Sie waren als Wettbewerbsteilnehmer bereits einmal am Bocuse d’Or und am Goldenen Koch. Was treibt Sie an?

Am Weltfinale des Bocuse d’Or 2015 landete ich auf dem 16. Platz. Das war bitter, aber es hat mich gelehrt, dass ich mehr auf mich selbst setzen muss. Ich habe mich damals beeinflussen lassen von aussen und wollte es allen recht machen. Heute habe ich das Selbstvertrauen, mir treu zu bleiben, denn ich trete für mich an. Sollte ich nochmals verlieren, weiss ich immerhin: Ich habe mein Ding gemacht. Egal, was ein Restauranttester oder eine Jury sagt, mir geben täglich hundert Gäste Recht, die im Schüpbärg-Beizli essen wollen.

 

In Ihrem Schüpbärg-Beizli läuft das Tagesgeschäft weiter, während Sie in der Trainingsküche täglich trainieren…

Einfach ist das nicht, vor allem, weil es mein Anspruch ist, dass ein Wettbewerb trotz harter Arbeit und Zeitdruck auch Spass machen soll. Meine Commis Céline Maier und ich versuchen etwas zurückzustecken im Betrieb, und mein Team macht mehr, sodass sich das ausgleicht. Aber es ist anspruchsvoll. Wir treten gegen Teams anderer Nationen an, die sich ausschliesslich dem Wettbewerb widmen können und vom Staat finanziell unterstützt werden. Das ist in der Schweiz kein Thema. Trotzdem bin ich froh, denn auch in der Schweiz gibt es Stellen, die mich sowohl finanziell als auch mit Material unterstützen. Das ist zwar nicht vergleichbar mit anderen Finalisten, aber es motiviert mich trotzdem sehr.

 

Wie sieht Ihr Plan aus, um zu gewinnen?

Mein Ziel ist es, unter die ersten fünf der 24 teilnehmenden Nationen zu kommen. Ich setze voll auf meine eigene Linie, das heisst: Die Optik eines Menus ist unbestritten wichtig, doch mein Fokus liegt immer auf dem Geschmack. Ich möchte die Jury überraschen, setze aber auf Zutaten, die ich genau kenne – irgendwelche Pülverchen kommen mir nicht in die Küche.


«Wer die Jury mit etwas Neuem überrascht, hat eine reelle Chance»

 

Was konnten Sie im Halbfinale lernen?

Das Halbfinale lief für uns nicht gut. Die Wettbewerbssituation war für meine Commis eine Herausforderung, einiges ging schief, uns rannte die Zeit davon. Wir mussten unseren Plan komplett über den Haufen werfen und einiges streichen und abkürzen. Geschmacklich war es am Ende top, optisch aber ein Flop. Als wir dann doch weiterkamen, war für uns die Überraschung – und die Freude – gross. Darum nehme ich mit, dass ich in der Not aus meiner Erfahrung schöpfen und das Ruder immer noch herumreissen kann. Und dass der Geschmack eben doch zentral ist. Wir treten auch als Team gestärkt aus der Erfahrung hervor.

 

In den vergangenen Jahren hatten die nordischen Nationen die Nase vorn. Verunsichert Sie das?

Es gibt durchaus Stimmen, die diese Tatsache kritisch bewerten. Aber ganz ehrlich: Würde ich glauben, dass die Beurteilung der Leistung am Bocuse d’Or nicht korrekt sei, würde ich nicht teilnehmen. Die Bewertungen der Jury sind für mich grösstenteils durchaus nachvollziehbar. Wer die Jury mit etwas Neuem überrascht, hat auch als «Aussenseiter » immer eine reelle Chance bei diesem Wettbewerb. Dies haben uns die Resultate der vergangenen Jahre deutlich gezeigt.

 

Der Bocuse d’Or ist einer der renommiertesten Koch-Wettbewerbe der Welt. Die Académie Culinaire Suisse organisiert die Selektion der Schweizer Teilnehmenden und unterstützt die Finalisten bei den Vorbereitungen für den Wettbewerb. Zuletzt trat Ale Mordasini (31) im Jahr 2021 an und erkochte sich den 8. Platz, 2019 errang Mario Garcia (31) den 5. Platz. Christoph Hunziker (40) wird mit Commis Céline Maier (20) am 22. und 23. Januar 2023 in Lyon (F) am Weltfinale teilnehmen. Zuvor entschieden die beiden die europäische Ausscheidung in Budapest (HU) und die Schweizer Vorausscheidung für sich.

Text: Simone Knittel

Foto: Stöh Grünig