Montag, 20.03.2023

Das Echo war unglaublich

Er kam, sah und musste sich mit dem zehnten Platz begnügen. Spitzenkoch Christoph Hunziker zieht nach dem «Bocuse d’Or 2023»-Final in Lyon (F) eine durchzogene Bilanz – und ist trotzdem glücklich.

Wie fühlt man sich nach vielen Monaten Vorbereitung und dem Finale des «Bocuse d’Or»?

Ich bin wieder in meinem Betrieb in Schüpberg im Berner Seeland angekommen. Mein «Schüpbärg Beizli» haben in den Wochen vor dem Wettbewerb andere für mich geführt. Aber das zeigt, dass ich mich auf mein Team komplett verlassen kann. Jetzt bin ich zurück, und bereit, Neues anzupacken.

 

Was wird denn neu im Schüpbärg Beizli?

Wir werden in den kommenden Monaten intern einiges umstellen und möchten unternehmerischer werden. Das bedeutet, dass wir die Betriebszeiten anschauen und leere Stunden am Nachmittag streichen. Wir möchten mit der Zeit gehen und uns auf unsere Mitarbeitenden konzentrieren, damit sie bestmögliche Anstellungsbedingungen haben. Auch wir spüren den Fachkräftemangel, obwohl wir ein gutes und treues Team haben. Wir werden wohl auch etwas «grüner» werden: Auf das Tischtuch verzichten, der Umwelt zuliebe und um Energiekosten zu sparen, und auf schöne neue Tische setzen. Die Küche bleibt aber natürlich, wie sie ist: Mit regionalen, guten Produkten und modern interpretierten Klassikern!

 

Sie haben am «Bocuse d’Or» die Top fünf angestrebt, nun wurde es aber der zehnte Platz. Wie lautet Ihre Bilanz?

Ich war von der Platzierung überrascht. Der Wettbewerbskoch in mir ist natürlich nicht zufrieden. Wir hatten am Abend nach dem Wettbewerb ein sehr gutes Gefühl, die Noten der Degustationsjury waren sehr gut. Die Küchennoten hingegen fielen nicht so hoch aus, wie ich es mir erhofft hatte. Wir haben sehr sauber und organisiert gearbeitet, das haben uns auch die Konkurrenten zurückgemeldet. Ich habe auf eine Platzierung an sechster bis achter Stelle getippt. Nun, der ganze Wettbewerb hat dieses Jahr nochmals ein höheres Niveau erreicht und die Top-Nationen wie Sieger Dänemark und das zweitplatzierte Norwegen waren einen Zacken präziser als alle anderen. Es ist unglaublich, wie sie anrichteten. Ihre Platten hatten die filigransten Komponenten in fünfzehnfacher Ausführung, die alle genau gleich aussahen – wie aus einem 3-D-Drucker. Die Silikon-Formen, mit denen sie arbeiten, sind um einiges komplexer als alles, was ich bisher gesehen habe. Dass die Nordländer die vorderen Ränge belegen, ist also nachvollziehbar. Dass wir aber vom gewünschten sechsten bis achten Platz auf den zehnten gerutscht sind, war schlussendlich auch den sehr geringen Punkteunterschieden zuzuschreiben: Die tieferen Top-Ten-Teams lagen alle sehr knapp hintereinander. Jedenfalls werden wir uns in den kommenden Wochen die genauen Bewertungen nochmals anschauen.

 

Sie nahmen bereits zum zweiten Mal am Wettbewerb teil, was hat sich in den letzten acht Jahren verändert?

Der ganze Wettbewerb ist lauter, pompöser und glamouröser geworden. Die Atmosphäre ist irre. Es ist wie in einem Stadion: Die Fans der verschiedenen Länder sorgen für Stimmung, es gibt mehrere Moderations- und Medienteams, dazu eine gigantische Licht und Musikshow. Die Schweizer Fans hatten Alphorn und Schwyzerörgeli mitgebracht. Ich bekomme immer noch Gänsehaut, wenn ich daran zurückdenke.

 

Worüber freuten Sie sich in diesem Jahr besonders?

Die Zusammenarbeit mit meiner Commis Céline Maier war spitze. Bei der Vorausscheidung in Budapest hatten wir einige Probleme, jetzt lief aber alles super. Wir konnten den Wettbewerb geniessen, hatten Spass. Und natürlich war der Kontakt zu den Köchinnen und Köchen aus aller Welt grossartig. Man tritt gegeneinander an, doch ausserhalb des Wettbewerbs knüpfst du Kontakte zu Top-Chefs aus Japan, China oder Kanada. Das Miteinander war freundschaftlich und herzlich – man erhält Einladungen und Jobofferten für die besten Restaurants der Welt. Wäre ich nicht so an die Schweiz gebunden, würde ich mir das glatt überlegen.

«Der Kontakt unter den Köchinnen und Köchen aus aller Welt war grossartig.»

 

Wie waren die Rückmeldungen der Medien, der Unterstützer und Gäste?

Das Echo war unglaublich. Die Fachpresse hat über uns berichtet, und zwar mit ausnehmend positiven Worten zum zehnten Platz. Zudem erhielt ich aus meinem weiteren Umfeld und direkt von meinen Gästen viel Lob und nicht zuletzt viele Reservationen im Schüpbärg Beizli. Die vielen guten Worte sind Balsam für meine Seele.

 

CHRISTOPH HUNZIKER

Familie: verheiratet, wohnhaft auf dem Schüpberg
Lieblingsessen: Hörnli und Gehacktes mit Apfelmus
Hobby: Kochen, Essen, Trinken und mit meiner Frau die Welt erkunden

 

Bocuse d’Or

Der Bocuse d’Or ist einer der renommiertesten Koch-Wettbewerbe der Welt. Die Académie Culinaire Suisse steht hinter der Teilnahme der Schweizer Köche am Wettbewerb. Bekannte Finalisten aus der Schweiz sind neben Christoph Hunziker (40) auch Ale Mordasini (31) und Mario Garcia (31).

 

Text: Simone Knittel
Fotos: Bocuse d’Or/Julien Bouvier Studio