Dienstag, 24.05.2022

Kleine Kräuter ganz gross im Geschmack

Frédéric Amstutz und seine Kinder ziehen im Familienunternehmen Espro Sprossen in Uetendorf BE neben «normalen» Sprossen auch ganz spezielle Pflänzchen: essbare Blüten, Süssgräser – und Bäume.

Wie kommt man auf die Idee, Mini-Lärchen für die Gastronomie und andere Micro Leaves zu züchten?

Nach einem schweren Motorradunfall 1988 musste ich mir überlegen, ob ich als Landwirt langfristig tätig sein kann und was ich in dieser Situation sonst längerfristig machen könnte. Bis 1990 testete ich und meldete dann das Patent zur Sprossenproduktion an, welches dann 20 Jahre gültig war. 2011 begannen wir im Bereich Mikrokräuter zu pröbeln und brachten diese 2014 auf den Markt. Danach wurden laufend neue Produkte entwickelt, welche wir unseren Kunden zum Test abgaben. Dadurch hat sich das
Sortiment immer weiterentwickelt. Eines Tages wollte Stefan Wiesner, der auch als Naturkoch oder Hexer aus dem Entlebuch bekannt ist, von uns etwas zum Thema Wald haben. Also tüftelten wir. Die Entwicklung der Mini-Lärchen dauerte zwei Jahre. Bäume indoor während des ganzen Jahres zu produzieren, ist eine sehr komplexe Angelegenheit.

Sie ziehen zudem Sprossen, Keimlinge, Süssgräser, essbare Blumen und Pilze. Wer sind Ihre Abnehmer?

Bei den Mikrokräutern arbeiten wir ausschliesslich mit der gehobenen Schweizer Gastronomie zusammen. Bei den Sprossen und Keimlingen sind unsere Kundinnen und Kunden mehrheitlich gehobene Gastrobetriebe. Wir haben aber auch Kunden aus den Bereichen Convenience, Burger-Anbieter oder Bäckereien.

Welches sind die Verkaufsschlager und was Ihre verrücktesten Pflänzchen?

Die Leader sind Shiso purpur, Veine beziehungsweise Blutampfer sowie Piso, welches auch als Erbsengrün bekannt ist. Sicher am speziellsten sind Parakresse-Blüten, Kornblumen, Mini-Lärchen und -Fichten. Zudem testen wir derzeit, wie wir essbare Mini-Birken ziehen können. Ebenfalls cool schmecken Mexican Mary, die der Ananas sehr ähnlich sind, sowie der japanische Peterli Mitsuba. Spannend finde ich auch die Skorpion Rocket, die mindestens so scharf ist wie Wasabi.

Anhand welcher Kriterien entscheiden Sie, was ins Sortiment aufgenommen wird?

Wir sind ständig auf der Suche nach neuen Pflanzen und etwa fünf schaffen es pro Jahr ins Sortiment. Die Tests verteilen wir jeweils und entscheiden anschliessend anhand des Feedbacks unserer Kundinnen und Kunden, was wir dauerhaft produzieren. Zurzeit testet mein Sohn Alain die Produktion von Ingwer. Die Ideen stammen übrigens oft von Schweizer Spitzenköchen, mit denen wir zusammenarbeiten.

«Wir sind ständig auf der Suche nach neuen Pflanzen.»

Welche Ihrer Mikrokräuter gibts bei Prodega zu kaufen?

Wir beliefern die Prodega mit Shiso green, Shiso purpur, Sango green, Sango purpur, Sangria, Capucine, Moutard rouge/d’or, Veine und Piso. Erhältlich sind die Mikrokräuter sortengleich in Kartons oder Schalen sowie als Swiss Mix und Shiso Mix mit verschiedenen Sorten.

Welche Micro Leaves oder Sprossen möchten Sie unbedingt noch haben?

Für unsere Kundschaft wichtig ist die ganzjährige Verfügbarkeit von intensiven Geschmacksrichtungen wie Majoran, Oregano, Rosmarin. Ebenfalls ein Thema sind Pflanzen für die Pâtisserie, da sind wir intensiv auf der Suche.

Wo suchen Sie solche Pflanzen?

Zuerst überlegen wir uns, was noch passen würde. Anschliessend versuchen wir, über unsere Kontakte in der ganzen Welt das Saatgut zu bekommen, damit wir mit den Tests anfangen können. 

Zarte Pflänzchen benötigen ein perfektes Klima. Wie funktioniert deren Aufzucht?

Unsere Anlagen sind hochtechnisch: Wir können alle notwendigen klimatischen Bedingungen simulieren. Auch unsere Beleuchtung ist fähig, Licht sämtlicher Zonen auf der ganzen Welt nachzuahmen. Zum Beispiel für Amaranth, welcher in Südamerika vorkommt. Dort enthält das Sonnenlicht einen hohen Anteil an roten Spektralfarben. Um für alle Pflanzen ideale Bedingungen zu schaffen, haben wir spezielle Programme entwickelt.

Neben Ihnen gehören auch Ihr Sohn Alain und Ihre Tochter Valérie zur Geschäftsleitung. Spriessen bei der jungen Generation andere Ideen als bei Ihnen?

Natürlich haben sie zum Teil andere Ansichten als ich. Zum Glück ist das so. Die Kinder verfügen über einen sehr guten Draht zu unseren Gastrokunden und -kundinnen und sind mehrheitlich per Du mit ihnen. Valérie und Alain sind bei der Weiterentwicklung unserer Firma und unseres Sortiments genauso dabei wie ich.

espro-sprossen.ch

 

FRÉDÉRIC AMSTUTZ

Alter: 55
Familie: Sohn Alain (27), Tochter Valérie (28)
Lieblingsessen: Kalbshaxen, Coq au Vin
Hobbys: Malen, Jagen, Reisen, Lesen

 

Eingespieltes Trio (v.l.): Alain, Frédéric und Valérie Amstutz in ihrer Hightech-Halle.