Donnerstag, 20.07.2017

St. Galler Oberländer Alpschwein

Auf dem Weg zur Alp Tamons hat sich der Nebel zäh an unsere Fersen geklebt. Mystisch belagern weisse Schwaden die Hütten für Mensch und Vieh. Der Umgang mit den Launen der Natur gehört ebenso zur Alpwirtschaft wie das anstrengende und ursprüngliche Leben ohne viel Komfort. Nur wer früh um halb 4 Uhr aus den Federn kommt und bis 20 Uhr ausdauernd nach einem strengen Plan mitarbeitet, wird auf 1800 Meter über Meer glücklich.

«Uns gefällt es z’Alp.»

Senner Lukas sorgt mit seinem Namensvetter als Zusenn für feinsten Alpkäse. Gemeinsam mit Benjamin, dem Küher, ist das Trio bereits der dritte Sommer auf der Alp Tamons. Der Tag beginnt mit dem Einstallen der 88 Kühe. Nach dem Melken geht das Vieh zurück auf die Weide und Benjamin macht den Stall sauber. Unterdessen wird in der Alpkäserei gekäst und gebuttert. Die wertvolle Molke, die beim Käsen als Nebenprodukt entsteht, wird nicht etwa kompostiert oder landet in der Gülle. Sie liefert den 38 Schweizer Edelschweinen zusammen mit Ergänzungsfutter eine leckere Mahlzeit. Damit kann die mineralreiche Flüssigkeit direkt auf der Alp ökologisch sinnvoll verwertet werden. «Je Kuh dürfen die Älpler nicht mehr als ein Schwein halten», erklärt uns Jakob Spring von der Linus Silvestri AG, die das Alpschweine-Programm betreibt.

Die gesömmerten Schweine verwerten die Molke aus der Alpkäserei.

Von der Alpkäserei sind es nur ein paar Minuten zur Hintersäss, wo die Schweine gehalten werden. Aus dem Stall hören wir leises Schnarchen. Die Tiere liegen eng aneinander gekuschelt im Stroh. Der Stall erfüllt die Kriterien von IP-Suisse und bietet entsprechend den Richtlinien für Silvestri-Alpschwein freien Zugang ins Gelände. Jedes Schwein geniesst 40 m2 Naturbodenauslauf. Dort können die Tiere ihre natürlichen Triebe ausleben. Mit ihrem ausgeprägten Geruchsinn wühlen sie ständig in der Erde - spüren Kleinlebewesen, Samen und Wurzeln auf. Grasnarben werden mit dem starken Rüssel mühelos umgegraben, kleinere und grössere Gesteinsbrocken spielerisch weggestossen. Beliebt ist auch das Suhlen im Schlammbad. In jedem Schwein steckt eben noch immer eine Wildsau. Besonders an sonnigen Tagen kühlen sich die Schweine dort gerne ab. Die zurückbleibende krustige Erde schützt sie vor Sonnenstrahlen, da ihre helle Haut zu Sonnenbrand neigt.

Während Benjamin den Schweinestall mistet und neues Stroh einstreut, erzählt er uns seine Lebensgeschichte. Er sei in einer ländlichen Umgebung aufgewachsen und habe auf dem Hof von seinem Götti die Landwirtschaft kennengelernt. Nach dem Studium zum Sozialpädagoge habe er ein Praktikum auf einer Alp absolviert. So sei er zurück zur Landwirtschaft gekommen. «Ich interessiere mich dafür wie andere für Formel 1», meint er. Auch Alpvogt Andi Peter hat nur lobende Worte für seine Älpler: «Sie sind ein eingespieltes Team und haben Spass bei der Arbeit». Nur mit dieser Einstellung kommt man nach 90 Tagen Alpwirtschaft zufrieden und um manche Erfahrung reicher zurück ins geschäftige Tal.