Montag, 26.06.2023

Sven Häberlin, der Digital-«Chefkoch»

Sven Häberlin von TourismusConsult berät Hotellerie- und Gastronomiebetriebe zu ihrer Digitalstrategie. Im stetig ändernden digitalen Marketing sieht er für Schweizer Betriebe noch viel Potential.

Wie weit ist die Schweizer Hotellerie und Gastronomie in der Digitalisierung?

Da gibt es gewaltige Unterschiede. Ein modernes Zürcher Stadthotel kann bei der digitalen Vermarktung durchaus mit internationalen Hotelketten mithalten. Viele Gastrobetriebe auf dem Land hingegen haben gerade mal eine veraltete Website. Hotels sind in der Regel etwas weiter als Gastrobetriebe – heute werden rund 80 Prozent der Hotelbuchungen online ausgelöst. Die Gastronomie hat noch mehr Luft nach oben.

 

«An Google kommt niemand mehr vorbei»

Was sind bei Betrieben beider Branchen die dringendsten Baustellen?

An Google kommt niemand mehr vorbei. Die Betreuung von «Google my Business» – neu «Google Unternehmensprofil» genannt – ist ein Muss. Das ist gratis und Google macht den Betriebs-Eintrag und die Betreuung auf Basis von Nutzerfeedbacks automatisiert, wenn man nicht eingreift. Ein Konto einrichten, den Eintrag pflegen, ein Reservationstool anhängen – das ist schnell gemacht. Mit einem Konto kann man auch auf Google-Rezensionen reagieren. Zudem sollte man angeben, wofür der Betrieb steht, also beispielsweise die Küche, Atmosphäre, Terrasse ... Die richtigen Schlagworte sind Teil der strategischen Positionierung in der digitalen Welt. Ein gut gepflegter Eintrag wird von Google honoriert: Man kann die organische – also unbezahlte – lokale Sichtbarkeit markant erhöhen.

 

«Die Website ist die Visitenkarte eines Betriebes.»

Welche anderen Schritte kann ein Betrieb unternehmen?

Die Website ist die Visitenkarte eines Betriebes und sollte übersichtlich und ansprechend daherkommen. Dafür gibt es heute einfache Tools für wenig Geld, zum Beispiel Jimdoo und Wix. Sind die klassischen Angaben wie Öffnungszeiten, Menükarten, Buchungstool und Lageplan einfach zu finden, honoriert Google dies mit einem besseren Ranking, was wiederum den Verkehr auf der Website steigert. Ich staune immer wieder, dass viele Betriebe kein Direkt-Buchungstool anbieten. Wenn ein Gast morgens rasch einen Tisch reservieren möchte, dann muss das mit zwei Klicks gehen. Mails schreiben oder anrufen, das geht viel zu lange. Das gilt übrigens nicht nur für junge Gäste, sondern auch für die kaufkräftige Gruppe der über 50-Jährigen, die schon längst online buchen will.

 

Ab wann sollte ein Betrieb einen Marketing-Experten beiziehen?

Kommt drauf an, was das Ziel ist. Möchte man seinen Betrieb bekannter machen, sind die erwähnten Basics zentral, auch eine Präsenz auf Instagram und Facebook hilft der Vernetzung. Das kann man inhouse machen, es ist aber zeitaufwendig. Ist das Ziel hingegen konkreter, zum Beispiel mehr Buchungen, wird es anspruchsvoller. Hier bietet sich eine Online-Kampagne mit Google-Ads an, die den Betrieb etwa durch entsprechend ausgewiesene Anzeigen in den Google-Suchanzeigen bewirbt. Die Währung von Google ist normalerweise die Anzahl Klicks auf der Website. Als Restaurant wünsche ich mir aber nicht einfach nur viele Klicks, sondern Besuche auf der Website von den Userinnen und Usern, die beispielsweise einen Tisch buchen möchten. Da hilft Google Conversion: Mit den richtigen Angaben werden die erwünschten Besucherinnen und Besucher auf meine Website gelotst. Das ist aber nur eine von vielen Digital-Strategien – die Möglichkeiten sind gewaltig.

 

Geben Sie uns Ihre Meinung zu einigen Stichworten aus dem analogen und Online-Marketing. Newsletter?

Ich bin kein Fan von Newslettern. Sie landen oft ungelesen im Papierkorb. Ein Newsletter lohnt sich nur, wenn man wirklich etwas mitzuteilen hat.

 

Plakatwerbung?

Auch im digitalen Zeitalter hat ein Plakat seine Berechtigung. Beispielsweise könnte eine Ausflugsbeiz in der Region Werbung machen. Mittels eines QR-Codes auf dem Plakat mit einer Rabattaktion lässt sich dann messen, wie viele Menschen dank des Plakats eine Buchung vornehmen.

 

Eine eigene App?

Das lohnt sich nicht, ausser vielleicht für eine ganze Gastro- oder Hotelkette.

 

Suchmaschinenoptimierung (SEO)?

SEO ist elementar. Es bedeutet, dass ich eine Suchmaschinen-optimierte Website habe, sodass Google den Inhalt als relevant einstufen kann und meine Website somit in den Suchergebnissen weiter oben anzeigt wird. Das generiert mehr User auf meiner Website und hoffentlich auch mehr Buchungen.

 

Instagram?

Für trendige Betriebe, deren potenzielle Zielgruppe auf Instagram unterwegs ist, kann Instagram sehr nützlich sein.

 

ChatGPT?

Die Software ist im Marketing ein absoluter Beschleuniger. Wir können aktuell schon manche Texte schneller produzieren, und zukünftig wohl ganze Websites damit programmieren. Viele unserer Services werden also für Unternehmen zukünftig viel erschwinglicher werden.

 

SVEN HÄBERLIN

Alter: 51

Hobbys: Familie, Wellness, Reisen, Lesen

Lieblingsrestaurant: Parkhotel Winterthur, la Pergola in Winterthur ZH, Tschadun in Kloten ZH

Lieblingsapp: Aus beruflichem Interesse sämtliche Google-Tools und die SBB-App, weil ich viel unterwegs bin

 

Unternehmen

Sven Häberlin berät mit seinem Unternehmen TourismusConsult Hospitality-Unternehmen zu ihrer Marketing- und Digital-Strategie. Der diplomierte Hotelier/Restaurateur ist Dozent und unterrichtet an verschiedenen Fachhochschulen wie der HTW Chur oder der Hotelfachschule Belvoirpark Zürich.

 

Text: Simone Knittel

Foto: Heiner H. Schmitt