Montag, 03.07.2023

Greenfield 2023: Blick hinter die Kulissen

Der erfolgreiche Koch Yanick Mumenthaler ist am Greenfield Festival auf dem Flugplatz Interlaken BE verantwortlich für die Verpflegung der VIPs. Hier erzählt er von seiner Arbeit.

Seit 2017 unterstütze ich das Greenfield Festival im Bereich Essen und Trinken für den Backstage-Bereich. Bis zur Pandemie bekochten wir Bands und VIPs gleichermassem in einem alten Flugzeug-Hangar. Unser Ziel ist es einerseits, all diese Menschen auf hohem Niveau zu verpflegen. Andererseits möchten wir den Branchen-Nachwuchs fördern: Am Greenfield kochen, backen und servieren Lernende aus der ganzen Schweiz. Ich war bis im vorletzten Jahr als Leiter Food & Beverage stark in die Planung und den Nachschub involviert. Ich eilte pro Tag sicher zehnmal zum Prodega-Markt in Wilderswil, um noch irgendeinen Sonderwunsch eines Tourmanagers zu erfüllen. Bei der Arbeit achte ich – ehrlich gesagt – wenig darauf, wer berühmt ist und wer nicht. Wenn ich aber mit einem ungeduschten Typen am Buffet über ein Essenswunsch gesprochen hatte, kam im Nachhinein meistens ein Lernender zu mir: «Du, das war dieser ultrakrasse Sänger von dieser mega bekannten Band!» Die Verpflegung der Bands ist heute übrigens erstaunlich gesund und oftmals vegan.

«Ich achte wenig darauf, wer berühmt ist und wer nicht.»

 

ES FUNKTIONIERT IMMER IRGENDWIE

Seit vorletztem Jahr haben wir den VIP-Bereich vom Band-Bereich getrennt, da ein Teil des Hangars extern vermietet wurde. Der VIP-Bereich wird jetzt separat aufgebaut, unweit der Hauptbühne. Das bedeutet für mich: Mehr verschiedene Aufgaben in einem kleineren Bereich und weniger Logistik. Im Gegensatz zur «Fressmeile» für die Besucherinnen und Besucher am Greenfield, gibt es im VIP-Bereich ein richtiges Restaurant mit Tischservice und à la Carte-Menü. Wir servieren einen Mix aus den Speisen, die schon im letzten Jahr gut angekommen sind und Tapéros, eine Mischung aus Tapas und Apéros. Ein Bestseller ist der Hornochs-Burger aus Fleisch meiner Wagyu-und Simmentaler-Rinder (die Rinderzucht ist ein Hobby von mir). Eine neue Kreation ist beispielsweise das Rauchlachs-Smörrebröd mit Meerrettich. Auf der Karte steht immer auch ein veganes Tagesmenu, das wir auch unserer Greenfield-Helferschaft servieren.

Für die kochen wir nämlich auch: Das sind nochmals fünfhundert Menüs am Tag. Mein Team besteht aus zehn Lernenden, zwei Küchenchefs, zwei Servicemitarbeitenden und mir. Man muss erfinderisch sein, wenn man an einem Festival kocht. Das gilt auch für den Service. Um im VIP-Bereich bei allen zwölf Festbänken mit je acht Plätzen und den vielen Bestellungen den Überblick zu behalten, haben wir kein Tisch- sondern ein Platzsystem, das auf einem Holzbrett mit Nägeln abgebildet ist. Jede Bestellung kommt als Zettel an einen Nagel, am Schluss wird abgerechnet. So kommt sicher nichts durcheinander.

Es sind lange Tage am Greenfield Festival. Wir starten morgens um zehn Uhr, mittags um zwei Uhr geht das Restaurant auf. Und dann heisst es: Durchziehen bis um ein Uhr früh. Die VIP-Gäste sind meiner Erfahrung nach unkompliziert und vor allem sehr erfreut, wenn sie den VIP-Bereich sehen. Da sind wir jeweils schon im Vorteil, weil wir uns die Mühe machen, etwas Schönes auf die Beine zu stellen. Wenn man die Gäste am Anfang so positiv überrascht, hat man meistens schon gewonnen. Ab und zu kann einen etwas aus der Bahn werfen, wie 2019, als ein Unwetter über das Greenfield hereinbrach und alle evakuiert werden mussten. Natürlich strömten alle in den damaligen grossen Hangar-Bereich – wir waren plötzlich mit hunderten Menschen auf kleinstem Raum eingepfercht. Aber es funktioniert immer irgendwie, und genau das wollen wir ja auch den Lernenden mitgeben. Wir möchten sie aus ihren geputzten Chromstahlküchen herausholen und zeigen, wie man mit wenig an einem Festival sehr viel herausholen kann. Mit René Schudel arbeite ich schon länger zusammen, wir haben ein tolles Vertrauensverhältnis entwickelt. Er lässt mir weitgehend freie Hand – und so arbeite ich am liebsten.»

 

YANICK MUMENTHALER

Der 29-Jährige aus Belp BE hat als Küchenchef und Leiter Gastronomie in der Stiftung für Betagte in Münsingen BE mit seiner herausragenden Küche viel Aufmerksamkeit erregt. Er war Mitglied der Schweizer Kochnationalmannschaft und gewann mit den Junioren den Weltmeister-Titel.

 

Lernende am Greenfield

Im Rahmen des Catering-Auftrags für die Bands und VIPs am Greenfield Festival (8. bis 10. Juni 2023) bietet Fernsehkoch René Schudel (46) jungen Koch-, Konditor-, Bäcker-, und Restaurantfach-Lernenden ab zweitem Lehrjahr die Chance, neue Erfahrungen im Catering-Bereich zu sammeln. Während des Festivals kochen sie mehrere Hunderte Mahlzeiten mit minimaler Infrastruktur, aber auf hohem Niveau. Das Projekt «Raus aus der Komfortzone» findet in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Kochverband und dem Berufsverband Bäcker & Confiserie statt.

 

Text: Simone Knittel

Foto: Merlin Photography Ltd, Jeroen Seyffer