Montag, 02.10.2023

Der Neue bei GastroSuisse

Seit Juli ist Pascal Scherrer Direktor von GastroSuisse. Ein Gespräch über Führung, Vertrauensvorschuss und Überzeugungstäter. Und über Parallelen zwischen der Gastro- und der Medienwelt.

Sie hatten Führungsfunktionen in verschiedenen Medienhäusern – CH Media, Radio und TV SRF und Tamedia. Für Aussenstehende ist der Schritt vom Medienmacher zum Direktor von GastroSuisse vielleicht nicht ganz einfach nachvollziehbar. Sie können das aber sicher erklären….

In der Medienindustrie war es meine Aufgabe, stets innovativ zu sein und diese Innovationen durchzusetzen. Gleichzeitig mussten wir die Kosten im Griff und eine möglichst gute Unternehmenskultur haben. GastroSuisse ist eine andere Organisation, aber die Aufgaben
sind dieselben. So unterschiedlich Gastronomie und Journalismus auf den ersten Blick auch sein mögen: In beiden Branchen sind «angefressene» Menschen am Werk, die ihren Beruf als Berufung verstehen.

 

Gibt es weitere Schnittmengen?

Beispielsweise die Herausforderung der Digitalisierung, die in allen Industrien ein Thema ist. Zudem sind beide Branchen im Umbruch: Die traditionellen Geschäftsmodelle werden in Frage gestellt und die Anforderungen der Kunden sind enorm gestiegen. 

 

Was haben Sie bei GastroSuisse vorgefunden?

Ich habe engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angetroffen – Überzeugungstäter. Man hat mich mit Neugier empfangen und mir einen Vertrauensvorschuss gegeben. Es liegt nun an mir, dieses Vertrauen zu rechtfertigen. Denn um im Alltag zu bestehen, bin ich auf die
Menschen hier angewiesen. Wenn diese nicht an mich glauben, kann ich ebensogut daheim bleiben, denn mein Erfolg hängt mitunter von meinen Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen ab.

 

Was sind die grössten Problemfelder, die Sie angehen müssen?

Zuerst einmal: GastroSuisse funktioniert und ist performant. Dringlich und wichtig war und ist die Polit-Arbeit im Bundeshaus. Da sind wir sehr gut aufgestellt. Für unsere Mitglieder wollen wir eine Wirtschaftspolitik, die ihnen die Arbeit erleichtert und nicht erschwert. Ein weiteres Thema, das uns schon länger begleitet, ist der Arbeitskräftemangel. 

 

Haben Sie eine Lösung?

Es wäre wohl etwas vermessen, für den Arbeitskräftemangel die alleinseligmachende Lösung zu präsentieren. Aber wir verfügen über viele Ideen und Ansätze. Mit unserem Fünf-Punkte-Plan unterstützen wir unsere Mitglieder bei diesem ernsten Thema. 

 

Der Präsident von GastroSuisse, Casimir Platzer, hat sich sehr offensiv in der Tagespolitik engagiert. Wird man Sie auch so offensiv erleben?

Nein, denn Casimir Platzer und ich haben eine klare Arbeitsteilung. Er ist und bleibt unser Gesicht nach aussen. Er ist ein starker Stratege mit einem unglaublich grossen Beziehungsnetz. Meine Rolle interpretiere ich als «Innenminister». Ich organisiere, verbessere gegen innen, lanciere und setze Projekte um, führe die Geschäftsstelle – oder kurz: ich schaue, dass der Laden läuft. 

 

Also könnten Sie sich keine Polit-Karriere vorstellen?

Naja, der Gedanke ist reizvoll. Denn ich bin ein politischer Mensch. Aber solange ich Direktor von GastroSuisse bin, ist das für mich ausgeschlossen. Denn in dieser Funktion möchte ich für alle Mitglieder da sein und nicht Parteipolitik betreiben. 

 

Also kein Polit-, aber ein Privatleben. Wie sieht das aus?

Sehr unspektakulär. Ich habe zwei Kinder – eines ist noch sehr klein – und eine tolle Partnerin. Familienleben ist darum bei uns gross geschrieben. Allein schon dieses Zusammensein ist schön und erfüllend, es braucht kein grosses Rahmenprogramm.
Aber einmal in der Woche ein feines Essen in einem Restaurant – das gehört schon dazu.

 

Was wäre das Tollste, was man über Sie sagen könnte, wenn Sie einmal – natürlich nach vielen, vielen Jahren – GastroSuisse einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger übergeben?

Wenn man dereinst sagen wird, dass ich den Verband zum Guten mitverändert habe dank guten Ideen, dass ich fordernd war, Ziele erreicht habe und bei alledem fair war und ein guter Mensch – dann habe ich meinen Job in meinen Augen gut gemacht.

 

PASCAL SCHERRER
Alter: 49
Hobby: Zeit mit Familie und Freunden
Liebste Lektüre: Bücher über die grossen Fragen des Lebens
Sport: Schwimmen

 

Text: Franz Bamert
Foto: Daniel Winkler