Montag, 04.12.2023

Eddy Baillifard, der Raclette-Papst

Eddy Baillifard ist in der ganzen Welt der Botschafter des Raclette du Valais AOP. Eine Begegnung mit dem Meister des Raclettes.

Eines ist sicher: Wenn man durch die Tür des Raclett’House von Eddy Baillifard in Bruson VS tritt, ist gute Laune garantiert. Der Mann macht es einem leicht, sich wohlzufühlen. «Können wir uns duzen? So kann man sich besser unterhalten. Ich bin Eddy!» Einige Frühstücke später, die er seinen Gästen an diesem Vormittag serviert, gehört der Botschafter des Raclette du Valais AOP uns allein.
Das Raclett’House ist immer voll. Man kommt vor allem, um ein authentisches Raclette zu geniessen, aber auch, um eine Nacht im Val de Bagnes zu verbringen, denn im Obergeschoss stehen zwanzig Schlafplätze zur Verfügung. Viele kommen jedoch auch wegen Eddy hierher, dem Raclette-Papst. Es ist das echte, authentische Raclette aus Rohmilch, die von den Maiensässen mit viel frischer Luft stammt. Und wenn der schillernde Wirt anderswo über die Freuden des berühmten Walliser Käses spricht, übernimmt sein Sohn Romuald (31) die Führung im Raclett’House.

 

EIN ECHO AUF DER GANZEN WELT

Dabei war Eddy Baillifard nicht dazu prädestiniert, weltweit Raclette anzupreisen. «Ich bin gelernter Käser, wie mein Grossvater. Als Kind ging ich hinauf, um ihm auf den Alpen zu helfen. Er zeigte mir die Flora und erklärte, welchen Reichtum sie für die Milch bedeutet. Er hat mir alles beigebracht.»

Eines Tages jedoch entschied das Schicksal anders. Im Jahr 2012 veränderte ein schwerer Quad-Unfall alles. Die Arbeit in der Dorfkäserei, die Baillifard seit 1987 betrieben hatte, endete abrupt. «Es war mein Sohn Jonathan, der gleich am nächsten Tag die Zügel in die Hand nahm und sich an die Arbeit machte», erzählt er. «Er war gerade einmal 22 Jahre alt. Ohne ihn hätten wir alles verloren. Er hat Aussergewöhnliches geleistet und ich bin sehr stolz auf ihn.»
Der Karrierewechsel des ehemaligen Käsers war nicht vorhersehbar. Heute reist der Mann, der sich inzwischen als Botschafter unseres Walliser Star-Käses etabliert hat, um die ganze Welt: An die Weltausstellung in Mailand 2015, zur EuroFoot in Paris 2016, an die Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang, Südkorea. 2019 half er in einer Zusammenarbeit bei der Entwicklung eines weltweit einzigartigen Raclette-Roboters mit dem Forschungsinstitut IDIAP in Martigny VS und nahm sogar an Dreharbeiten für einen Film in Berlin mit dem Regisseur Wladimir Kaminer teil. Es ist ein klarer Fall: Eddy Baillifard führt seine Mission als Raclette-Botschafter des Wallis mit vollem Einsatz aus.

 

ALLES, ALLES, ALLES ÜBER RACLETTE

Es gibt eine wichtige Frage: Wie wähle ich ein Raclette aus? «Das AOP steht für Authentizität und Regionalität, das ist das Wichtigste. Dann ist es eine Frage des Geschmacks. Die Weidehaltung spielt eine grosse Rolle», erklärt der Meister. «Sie werden nicht die gleichen Geschmacksstoffe in der Milch von Kühen erhalten, die im Stall, auf der Alp oder auf Halbwaldflächen gehalten werden. Als Rohmilchkäse behält der Raclette du Valais AOP alle Geschmacksnoten bei.» Zudem sei das Know-how des Käsers entscheidend. Wegen der geschmacklichen Unterschiede muss auch die Reihenfolge der Verkostung festgelegt werden. «Man sollte zuerst den jüngsten Käse probieren und zuletzt den am längsten gereiften, weil dieser kräftiger ist. Als Begleitung mit einem trockenen Weisswein beginnen und mit einem fruchtigeren abschliessen.» Bei der Technik gibt es ebenfalls viel zu beachten: Abstand des halben Laibs zum Heizkörper, Heizdauer, Schaben, aber auch die Begleitung – nichts entgeht Eddy Baillifard, der regelmässig Kurse für Restaurantfachleute abhält. «Raclette wird zum Beispiel nie auf Wurstwaren serviert, es muss separat stehen. Das Einzige, was auf den Teller gehört, sind Essiggurken, Zwiebeln und eine kleine festkochende Kartoffel.»

 

Eddy Baillifard
Alter: 60 Jahre
Familie: verheiratet, drei erwachsene Kinder und vier Enkelkinder
Lieblingskäse: Ein alter Gruyère AOP
Liebster Raclettekäse: Ein Raclette d’Alpage mit sechs bis sieben Monaten Reifezeit
Hobbys: «Was, wenn ich Raclette sage?»

 

Text: Sophie Dürrenmatt
Foto: Valentin Flauraud