Montag, 09.06.2025

Die Einsparungen sind mindestens fünfmal höher als unsere Gebühr

Das Zürcher Start-up-Unternehmen GoNina möchte mit seiner App die (Gastro-)Welt verbessern, indem es Foodwaste bekämpft. Und zwar auf eine Weise, die sich auch für die betroffenen Betriebe lohnt. Wie das geht, verrät CEO Matthieu Ochsner.

Was genau macht GoNina und wie funktioniert das Ganze?
Wir helfen Restaurants, Bäckereien, Take-aways und anderen Gastronomiebetrieben, Lebensmittelverschwendung effektiv und zu attraktiven Konditionen zu bekämpfen. Unsere Lösung besteht aus zwei Komponenten: Wir nutzen künstliche Intelligenz, um hochpräzise Bedarfsprognosen zu erstellen und so Lebensmittelverschwendung an der Quelle zu bekämpfen. Bleibt doch einmal etwas übrig, bieten wir eine Plattform, auf der Überschüsse in Form von Wundertüten mit Rabatt Konsumentinnen und Konsumenten angeboten werden.

Wie kamen Sie und Ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter auf die Geschäftsidee?
Mein Mitgründer Ferdinand von Hagen und ich haben im Frühling 2023 über 150 Bäckereien, Sushi-Läden, Cafés sowie Konsumentinnen und Konsumenten befragt, um zu verstehen, wo Foodwaste entsteht, wo bestehende Lösungen bereits Wirkung zeigen und wie wir das Problem effektiver angehen können. Dabei wurde deutlich, dass bestehende Lösungen für viele Unternehmen nicht funktionieren, weil sie zu teuer oder zu aufwändig in der Umsetzung sind oder das Problem nur ungenügend angehen, da sie den Foodwaste erst nach der Entstehung reduzieren. Statistiken des Bundesamts für Umwelt bestätigen dies, denn die Schweiz ist leider immer noch europäische Spitzenreiterin bei der Pro-Kopf-Verschwendung von Lebensmitteln. Zudem wächst die Weltbevölkerung weiter und bereits heute haben mehr als 800 Millionen Menschen nicht genug zu essen. Wir sind zum Schluss gekommen, dass es noch viel Verbesserungspotenzial gibt.

Wie schwer war es, Restaurants, Bäckereien oder Supermärkte für eure Idee zu gewinnen?
Wir sprachen bereits vor der Lancierung unserer Plattform mit verschiedenen Betrieben und konnten mit Butegar gleich mit einem sehr beliebten Premium-Pizza-Take-away starten. Kurz darauf hatte der ZFV den Mut, mit uns ein Pilotprojekt bei den UBS-Restaurants in Zürich zu starten, eine Partnerschaft, auf die wir sehr stolz sind und die wir laufend weiterentwickeln. Seither sind einige mittelgrosse Ketten wie Beck Maier, Tinyfish und Vito Pizza dazugekommen und wir konnten auch mit einigen grösseren Detailhändlern sprechen. Hier sind wir aber noch auf der Suche nach einem «First Mover», der zusammen mit einem Schweizer Start-up eine langfristige Partnerschaft zur Reduktion der Lebensmittelverschwendung aufbauen möchte.

Wie viele Schweizer Unternehmen sind heute dabei?
Wir haben über 60 Standorte in sieben Kantonen auf unserer Plattform, davon mehr als 30 Restaurants und Take-aways sowie 20 Bäckereien und Konditoreien. Der Rest reicht von Dorfläden bis hin zu Cafés.

Wer bezahlt dabei wem wofür und wie viel Geld?
Für unsere Konsumentinnen und Konsumenten ist die Nutzung unserer App kostenlos, sie zahlen nur, wenn sie eine Wundertüte erwerben. Für Betriebe haben wir unser Preismodell bewusst so gestaltet, dass der Kampf gegen Lebensmittelabfälle auch für kleine Unternehmen attraktiv ist. Konkret ist der erste Monat der KI-Prognosen kostenlos, danach verrechnen wir eine monatliche Gebühr je nach Grösse und Branche. In jedem Fall aber sind die Einsparungen mindestens fünfmal höher als unsere Gebühr. In unserem Überschuss-Markt erheben wir im Vergleich zur Konkurrenz aus Dänemark keine Mitgliedschaftsgebühr und verrechnen lediglich 25 Prozent pro verkaufte Wundertüte und maximal 2.50 Franken. Bei einer Wundertüte mit einem Verkaufspreis von 5 Franken gehen also 3.75 Franken an den Betrieb und 1.25 Franken an uns. Die Betriebe können zudem selbst festlegen, ob sie 50 oder 66 Prozent Rabatt gewähren wollen. Damit möchten wir bewusst Anreize für die Betriebe schaffen, sinnvolle Grössen anzubieten, damit das Problem nicht einfach an die Konsumentinnen und Konsumenten weitergegeben wird.

«Bestehende Lösungen waren zu teuer und zu aufwändig.»

Die App GoNina wurde im Februar 2024 gelauncht. Wie läufts es inzwischen?
Ich bin sehr stolz auf unsere Betriebe, unsere Community und mein Team, dank denen wir neben den über 60 Betrieben mittlerweile mehr als 11 000 Konsumentinnen und Konsumenten von unserer Plattform überzeugen konnten. Gleichzeitig stehen wir erst am Anfang unserer ambitionierten Reise und arbeiten täglich daran, dass unsere KI-Prognosen noch präziser werden und noch mehr Lebensmittel aus unserem Überschuss-Markt gerettet werden können. Wir haben noch viel vor!

Derzeit gibt es Euch vor allem in Zürich. Was plant Ihr für die Zukunft?
Momentan befinden sich die meisten unserer Partnerbetriebe in Zürich, gefolgt vom Aargau, Biel und vereinzelten weiteren Standorten wie Bern, Luzern und Lausanne. Dies aus dem einfachen Grund, dass wir als junges Start-up mit limitierten Ressourcen nicht überall gleichzeitig sein können und immer sicherstellen wollen, dass das Angebot an Wundertüten und die Nachfrage in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Konkret bedeutet dies, dass wir uns nach und nach auf weitere Kantone konzentrieren werden, bis wir schliesslich in der ganzen Schweiz präsent sein werden. Gleichzeitig hat sich gezeigt, dass motivierte Betriebe bereits heute selbständig starten und Sichtbarkeit für ihr Angebot schaffen können. Dabei unterstützen wir unsere Partnerbetriebe auf Wunsch gerne mit Flyern und Social-Media-Beiträgen.

Wo seht Ihr Euch in zehn Jahren?
Unsere Vision ist, dass unsere Lösung gegen Foodwaste in der ganzen Schweiz sowohl von Grossbetrieben als auch von kleinen Einzelbetrieben genutzt wird. Bei Letzteren bezieht sich das vor allem auch auf unsere KI-Vorhersagen, die Foodwaste an der Quelle bekämpfen, denn heute werden solche Lösungen – wenn überhaupt – vor allem von grösseren Betrieben mit mehr Zeit, Mitarbeitenden und Ressourcen eingesetzt. Unter dem Strich bieten wir damit allen Betrieben eine einfache Möglichkeit, ökologisch nachhaltiger zu werden, die sich auch finanziell auszahlt. Dafür steht GoNina.

 

Alter: 34
Lieblingsessen: Korean BBQ
Liebstes Restenmenü: Wenn es in unserem Kühlschrank Reste hat, entstehen daraus oft Fajitas
Lieblingsküche: Ich liebe koreanisches und japanisches Essen
Lieblingsapp: Ich nutze seit Jahren fleissig die Sport-App «Freeletics» als Ausgleich zur Arbeit
Hobbys: Ich bin ein begeisterter Kampfsportler und verbringe meine Freizeit am liebsten im See oder im Meer

 

Text: Susanne Stettler
Foto: Christoph Kaminski