Montag, 22.12.2025
Die Welt der Cocktails und Mocktails
1. DURCHBLICK STATT DURCHEINANDER
Im Zeitalter des Informationsüberflusses ist weniger mehr. Das gilt auch für die Getränkekarte. Bar-Expertin Sarah Madritsch: «Eine gute Getränkekarte ist visuell ansprechend, gut strukturiert und hat ein klares Konzept.» Darin sollen relevante Informationen wie Spirituosen, Zutaten und Zubereitungsart aufgeführt werden. Aber: «Ein minimalistisches Design finde ich besonders wichtig. Damit liegt der Fokus auf dem Wesentlichen: Qualität und Identität.»
2. POTENZIAL NUTZEN
Nicht nur klassische Bars profitieren von einem durchdachten Getränkekonzept. Sarah Madritsch sieht viel Potenzial bei Restaurants: «Sie können ihr Getränkeangebot mit dem Küchenkonzept verbinden. Eine durchdachte Getränkebegleitung, welche die Philosophie der Küche widerspiegelt, schafft ein ganzheitliches Erlebnis.» Auch in Konzert- oder Eventlokalen ist mehr möglich – mit etwas Kreativität. «Es müssen nicht immer nur Aperol Spritz und Negroni sein», so Madritsch. «Viele klassische Cocktails kann man gut vorbereiten und einfach servieren, ohne dass die Qualität leidet.»
3. BESONDERS SEIN
Nach wie vor setzen viele Betriebe auf ein vertrautes Angebot von Heiss- und Softgetränken, Weinen und Spirituosen. Doch die Gäste werden anspruchsvoller. Sarah Madritsch rät: «Ich würde auch auf regionale Produkte setzen und lokale Produzentinnen und Produzenten einbinden.» Damit könne sich ein Betrieb hervortun. Auch hausgemachte Komponenten stärken die eigene Identität. Sarah Madritsch: «Eigene Sirupe, Infusionen oder fermentierte Zutaten geben der Karte eine individuelle Handschrift.» So entstehe Differenzierung. «Das macht einen Betrieb interessant.»
4. DIGITAL VERSUS ANALOG
Wie sieht die Expertin den Einzug der Digitalisierung in die Barwelt? «QR-Codes haben positive und negative Seiten», so Madritsch. «Positiv ist der Nachhaltigkeitsaspekt, da weniger Papier benötigt wird. Doch es fehlt das haptische Erlebnis – etwas Physisches in der Hand zu halten, verbinden viele Gäste mit Wertigkeit.» Die Expertin rät, den Entscheid auf das Konzept abzustützen. «Wird ein QR-System Elegant und markenkonform umgesetzt, kann es funktionieren. Wichtig ist, dass es nicht billig wirkt, sondern Teil eines hochwertigen Gesamterlebnisses bleibt.»
5. INSPIRATION EINBAUEN
Immer wieder Neues bieten, damit liegen die meisten Betriebe richtig. Sarah Madritsch: «Meine grössten Inspirationsquellen liegen im Bereich Foraging (Wildpflanzen und lokale Zutaten sammeln), Fermentation, Milkwashing (Klarifikation) und Sous-Pression (Aromatisierung unter Druck).» Ein grosses Thema sei auch Food Pairing. «Cocktails, die mit Gerichten harmonieren, welche lokale und saisonale Zutaten ins Zentrum stellen, eröffnen neue Techniken, Geschmacksebenen und authentische, nachhaltige Kreationen.»
6. INVESTIEREN ZAHLT SICH AUS
«Ein starkes, durchdachtes Getränkeangebot ist weit mehr als eine Zusatzleistung – es ist Teil der Markenidentität», erklärt Sarah Madritsch. Und diese beeinflusst das Gästeerlebnis und nicht zuletzt den Umsatz. «Kreative Drinks schaffen Wiedererkennungswert, steigern die emotionale Bindung der Gäste und bieten eine Plattform, um Geschichten zu erzählen.» Und auch das Team profitiert: «Innovative Ideen und ein hohes Niveau motivieren auch das Team, sich weiterzuentwickeln.»
7. WANDEL NICHT VERSCHLAFEN
Gefahr oder Chance? Immer mehr Menschen trinken keinen oder weniger Alkohol. Für Sarah Madritsch ist der Wandel wichtig und zukunftsweisend. «Jeder Betrieb sollte bewusst Zeit in die Entwicklung alkoholfreier Getränke investieren – sie zeigen das kreative Potenzial eines Lokals», rät sie. «Mocktails sind oft komplexer in der Entwicklung als Cocktails, da ihnen das «Rückgrat» einer Spirituose fehlt. Ein Betrieb, der in der Lage ist, ein alkoholfreies Getränk auf dem gleichen Qualitätsniveau wie ein Cocktail zu kreieren, beweist handwerkliches Können und Verständnis für Geschmack.» Zudem winkt zusätzlicher Umsatz: «Wer hochwertige Alternativen schafft, erweitert seine Zielgruppe», so Madritsch. ,
SARAH MADRITSCH
Aktueller Lieblingsdrink: Mezcal Margarita
Beruf: Creative Beverage Consultant, «Barkeeper of the Year» 2022
Berufliche Stationen: Tropic City (Bangkok, Thailand), Widder Bar (Zürich), Igniv Bar (Zürich) und mehr Webseite: mgcgastro.com
Text: Simone Knittel/Sarah Madritsch
Foto: zVg