Montag, 01.12.2025

Renaissance der Opulenz

Das erfolgreiche Architekturbüro Fischbach & Aberegg hat im «Gstaad Palace» das grosse Restaurant und die Terrasse neu gestaltet. Warum Opulenz genauso zeitlos wie zeitgenössisch ist und wie man stimmungsvolle Restaurants gestaltet, erklärt Tanja Fischbach.

Bestimmen Trends oder Beständigkeit die Gestaltung von Räumen in Hotels und Restaurants? 
Unser Stil besteht aus einer Mischung von klassischen und zeitgemässen Elementen, abgerundet mit auffälligen Einzelstücken. Die Dosierung variiert je nach Konzept des Betriebes. Wichtig ist, dass das Konzept Charakter hat und dabei Charme und Nonchalance ausstrahlt. Die Gestaltung soll die Gäste emotional berühren – unabhängig von Stil und Trends. Und natürlich gilt es in der Gastronomie stets, die funktionalen Abläufe und bestehenden Strukturen zu beachten. 

Wie schaffen Sie es, Stimmung in die Räume zu bringen? 
Eine Herangehensweise ist, mit der Geschichte eines Hauses zu arbeiten, den Standort und die Gäste zu berücksichtigen und daraus eine Geschichte zu kreieren, welche die Innenarchitektur inspiriert. Dazu gehört auch, alte Raumstrukturen nicht zu verändern, sondern zu inszenieren. Verschiedene Elemente bringen Stimmung in den Raum. Accessoires, Requisiten und Bilder tragen viel bei. Für diese Details betreiben wir viel Aufwand. Für «Le Grand Restaurant» im «Gstaad Palace» haben wir zum Beispiel antike Porzellanschüsseln in Kuh- und Hahnenform von einem Antiquitätenhändler aus Palm Beach in Florida in die Schweiz geholt. Sie wecken Fernweh und Heimatgefühl zugleich. Nicht zuletzt unterstreicht das richtige Licht die Atmosphäre im Raum. 

Was ist in Restaurants und Hotels bezüglich Interior Design gerade tonangebend? 
Wir wollen uns wohl und geborgen fühlen, vor allem in unsicheren Zeiten. Das ist ein Urbedürfnis. Für mich war es schon immer der Grundgedanke meiner Konzepte. Trends schwingen sicher mit – derzeit etwa der klassisch-üppige «Old School Style» oder Inszenierungen der 70er-Jahre. Doch sie spielen eine untergeordnete Rolle. 

Was hat Sie an Ihrem letzten Gross-Projekt im «Gstaad Palace» besonders inspiriert? 
Ganz vieles: Die schlossartige Architektur, die über hundertjährige Geschichte und die spannende Gästestruktur. Die Historie haben wir in die Räume zurückgeholt – mit handbemalten Kassettenwänden und umlaufenden Ornamentmalereien oder kunstvollen Schnitzereien im alpinen Château-Stil. Kronleuchter aus Muranoglas, voluminöse Vorhänge mit Herzmotiv, hergestellt auf Webstühlen aus dem 18. Jahrhundert, und Sessel aus Mohairvelours lassen den Betrachter in einer nostalgischen Märchenwelt schwelgen. 

Welche Materialien und Farben sind gefragt – und welche sind zeitlos? 
Weiche Materialien mit warmen Holzfarbtönen und Velours- und Boucléstoffen sowie Quasten und Zotteln machen ein üppiges Interior aus. Unsere Farbkombinationen bestehen meist aus diversen Grüntönen, kombiniert mit Rottönen von Rosa bis Bordeaux. Manchmal auch gemischt mit Streifen- oder Leopardenmotiv, was als Bruch immer für Spannung sorgt. Unsere Inszenierungen dürfen alles sein, aber niemals charakterlos. 

Welche typischen Gestaltungsfehler sehen Sie häufig in Restaurants? 
Oft ist es das Licht, das nicht einladend ist. Wenn einen das Licht richtiggehend blendet, versteh ich keinen Spass mehr. Generell wirkt eine lieblose Einrichtung nicht einladend. Zu viele kühle Farbtöne wie Blau bringen kein Wohlgefühl. 

Wenn Sie einem neuen Restaurant nur einen Rat geben dürften – welcher wäre das? 
An das Einrichten mit Leidenschaft und einem grosszügigen, gerne auch queren Denken herangehen. Frei nach der ikonischen Innenarchitektin Iris Apfel: More is more, less is a bore (Mehr ist mehr, weniger ist langweilig, Anm. der Redaktion). Ich würde auf langlebige Materialien setzen und im Zweifel klassisch bleiben. Unbedingt die Funktionalität bedenken – etwa bei Sitzgelegenheiten. Sie müssen bequem sein, aber proportional zum Tisch funktionieren. Mit dem richtigen Licht kann das Interior Design noch intensiviert werden. Falls die Unsicherheit gross ist, lohnt es sich, professionelle Hilfe zu holen. 

 

FISCHBACH & ABEREGG 
Tanja Fischbach und Christoph Aberegg bilden seit 1994 zusammen das Architekturbüro «Fischbach & Aberegg». Das Schweizer Unternehmen hat in den letzten Jahren auch international über 200 Projekte umgesetzt, viele davon in Hotels und Restaurants. Die Neugestaltung von «Le Grand Restaurant» und «La Grande Terrasse» im «Gstaad Palace» wurde nach zwei Jahren im Sommer 2025 abgeschlossen. 

 

Text: Simon Knittel 
Foto: Melanie Uhkoetter, Philipp Rohner