Montag, 03.11.2025
So geht Lachsräuchern
Ratsch! So tönt es, wenn die Klinge des Messers dem Rückgrat des Lachses entlangfährt. Immer wieder: ratsch! Hoch konzentriert und in horrendem Tempo werden in der ältesten Lachsräucherei der Schweiz in Balsthal SO Lachse filetiert. «Diesen Raum nennen wir die Zerlegerei», sagt Ralf Weidkuhn (57), Geschäftsführer der Dyhrberg AG. Dutzende silbrigblau schimmernde, 70 Zentimeter lange und rund drei bis viereinhalb Kilo schwere Lachse liegen auf langen Tischen bereit. 
Wer hier arbeitet, verfügt über grosse Erfahrung. Jeder Handgriff sitzt, nach wenigen gekonnten Schnitten liegen zwei rot leuchtende Lachsfilets auf dem Schneidebrett. Der genaue Schnitt entlang der Wirbelsäule lässt kaum Fleisch an derselben zurück. «So holen wir das Maximum aus dem Fisch heraus», sagt Betriebsleiter Marcel Gyger (51). «Wenn es sein muss, schafft diese Abteilung bis zu 800 Lachse an einem Tag.» Insgesamt veredeln 85 Mitarbeitende jährlich 800 Tonnen Rohlachs. 
MIT VIEL FINGERSPITZENGEFÜHL 
Dieselben Mitarbeitenden übernehmen auch das Salzen. Dabei greifen sie mit einer Hand in einen grossen Topf voll mit grobkörnigem Meersalz, nehmen etwas davon und lassen das Salz mit einer lockeren Bewegung über die filetierten Lachsstücke regnen. «Die Menge dafür spüren sie aus Erfahrung», sagt Marcel Gyger. Vorne, wo der Fisch dicker sei, brauche es etwas mehr, hinten etwas weniger. Das Salz entzieht dem Lachs die Feuchtigkeit. Ralf Weidkuhn öffnet die Tür zum Salz-Kühlraum. Zwei bis drei Tage bleiben die Fische hier, bevor sie geräuchert werden. «Weil wir alles von Hand machen, sind die Lachse mal etwas mehr und mal etwas weniger salzig», erklärt Ralf Weidkuhn. So bekommen sie einen einzigartigen Charakter. 
Seit 1965 räuchert das Unternehmen Lachse und hat damit eine Konservierungsmethode für Fische in der Schweiz etabliert, deren Wurzeln in die Altsteinzeit zurückreichen. Denn neben Eigenschaften wie Farbe, Geruch und Geschmack, die durch den Rauch beeinflusst werden, geht es beim Räuchern eigentlich vor allem ums Haltbarmachen. 
«Wir verarbeiten zu 60 Prozent Pazifiklachse aus MSC-zertifiziertem Wildfang aus Alaska, die tiefgefroren angeliefert werden. Und 40 Prozent frischen Atlantiklachs aus kleinen zertifizierten Zuchtbetrieben in Norwegen und Dänemark sowie einer Biozucht aus Irland», sagt Weidkuhn. Einige Dyhrberg-Produkte sind auch in den Prodega-Märkten erhältlich. 
SPIEL MIT DEN ELEMENTEN 
Das Räuchern ist eine Kunst. 21 Öfen stehen dafür bereit, in einigen wird kalt geräuchert, also bei einer Temperatur von unter 30 Grad Celsius. In anderen wird heiss geräuchert, diese Öfen sind russgeschwärzt und die Temperatur beträgt 80 Grad Celisus. Klar, dass der herrliche Duft von geräuchertem Lachs ständig in der Luft hängt. 
Bis man Räuchermeister oder -meisterin wird, braucht es viel Erfahrung. Denn an keinem der Öfen hängt ein Thermostat. Vom sogenannten «ewigen» Feuer, das immer glüht, werden mit einer Schaufel die Kohlen zu den eigentlichen Räucheröfen gebracht. Behutsam legt sie der Räuchermeister auf das vorbereitete Bett aus Sägemehl. Sobald die Glut mit dem Sägemehl in Kontakt kommt, steigt Rauch auf und umhüllt die etwas weiter oben hängenden Lachsfilets. «Der Räuchermeister muss jeden Tag die Bedingungen abschätzen, die auch vom Wetter beeinflusst werden», sagt Ralf Weidkuhn. Wie zieht der Kamin ab? Braucht es mehr oder weniger Rauch? Diese Fragen stellen sich täglich aufs Neue. Das Einzige, was mit Sicherheit bestimmt werden könne, sei der Faktor Zeit, sagt der Geschäftsleiter. Je nach Grösse und Bedingungen bleiben die Fische zwei bis drei Tage in den Kaltrauchöfen und bis zu sieben Stunden in den Heissöfen. 
Sind die Fische einmal geräuchert, gelangen sie in die Parier-Abteilung, wo nochmals Feinarbeit geleistet wird. Haut, Flossen und Bauchfett werden entfernt, mit kleinen Zangen jede einzelne der verbliebenen 32 Gräten entfernt. 
Ein Stock weiter oben befindet sich der Schneideraum. Hier werden die zuvor an der Oberfläche angefrorenen Filets von den Mitarbeitenden mit Aufschnittmaschinen sorgfältig in Tranchen geschnitten und aufs Gramm genau verpackt. «Vom Moment, in dem die Lachse bei uns ankommen, bis sie abgepackt, wieder abtransportiert werden, vergehen sechs Tage», erklärt Ralf Weidkuhn. 
Sechs Tage, in denen unzählige Handgriffe dafür sorgen, dass stets Lachse von erstklassiger Qualität die Räuchermanufaktur in Balsthal verlassen. 
Text: Rico Steinemann 
Foto: Valentin Flauraud
