Montag, 15.09.2025
Zwischen Tradition und Trend
Am Anfang lohnt sich ein Blick zurück in die 80er-Jahre – in eine wirtschaftlich schwierige Zeit für Käsereien. Allein 1984 heizten schweizweit 300 milchverarbeitende Betriebe zum allerletzten Mal das Käsechessi an. Und was machte Edwin Züger, der Gründer von Züger Frischkäse, im selben Jahr? «Züger war ein mutiger Visionär. Er entwickelte zusammen mit seinen Söhnen Markus und Christof eine der ersten Mozzarella-Produktionen der Schweiz.» Mario Breu, dem heutigen Züger-CEO, ist die Bewunderung anzumerken, wenn er davon erzählt. Das war mutig, denn Frau und Herr Schweizer hielten sich damals vor allem an das, was sie seit Ewigkeiten kannten: Emmentaler oder Appenzeller. Aber Mozzarella? Den kannte man – wenn überhaupt – allenfalls von einem Besuch in einer Pizzeria.
WAS DER MARKT WILL
Die Zügers also schauten weit, sehr weit über den Käsetellerrand hinaus und schreiben seither Erfolgsgeschichte. Denn was sozusagen in einer Garage begann, ist heute ein ultramoderner Betrieb. Über 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter produzieren in Oberbüren SG Frischprodukte aus Milch. Bio, konventionell, halal, vegan oder laktosefrei – einfach, was der Markt nachfragt. Jährlich werden aus über 165 Millionen Kilo Milch unterschiedliche Produkte hergestellt – von Hüttenkäse über Mozzarella di Bufala bis hin zu Paneer oder dem Schweizer Frischkäse Filona.
REGIONAL UND MARKTORIENTIERT
Filona? Breu spielt auf die Konkurrenz an, wenn er sagt: «Warum soll man nach Philadelphia fahren, wenn es in Oberbüren den Schweizer Frischkäse Filona gibt?» Züger ist ein Kleiner im globalisierten Frischkäsemarkt. Aber der Kleine hat darin grosse Stärken entwickelt: Regionalität und Spezialität. «Wir beziehen heute die Milch von bäuerlichen Familienbetrieben im Umkreis von rund 50 Kilometern Luftlinie. Dabei kennen wir vielleicht nicht jede Kuh mit Namen, aber jeden Bauern und seinen Betrieb. Wir bezahlen unseren Partnern auch einen Milchpreis, der über dem Durchschnitt liegt. Diese Nähe schafft gegenseitiges Vertrauen, sorgt für Identifikation und somit auch für Qualität.»
NISCHEN BESETZEN
Breu umschreibt seine Philosophie mit Humor: «Züger fährt nicht auf der Autobahn, wo sich die grossen Player Marktanteile abjagen. Wir benutzen mit Produkten wie dem indischen Frischkäse Paneer oder veganem Mozzarella Nebenstrassen mit wenig Gegenverkehr.» Diese Strategie zeigt auch im Ausland Erfolg. Im nahen Deutschland betreibt Züger zwei Produktionsstätten und exportiert in 37 Länder. Der Exportanteil aus der Produktion in der Schweiz beträgt knapp 40 Prozent. Breu selbst hat sich 2002 sein Studium mit einem Hilfsjob bei Züger finanziert und erinnert sich: «Heute wirbt jede Firma – zurecht oder zu unrecht – mit Nachhaltigkeit. Für die Familie Züger aber waren Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein schon damals wichtig.» Heute bezieht der Molkereibetrieb gegen 50 Prozent der thermischen Energie aus einer Holzschnitzelfeuerung, ein Windkraftwerk und Solarpaneele sorgen für Elektrizität. Ausserdem werden derzeit neue hochmoderne, vollautomatische Hochregallager mit 12 000 Pallettenplätzen errichtet.
«WIR ZÜGERS»
Züger Frischkäse ist ein Familienbetrieb im Besitz der Nachkommen des Gründers. Doch CEO Breu, der mit allen per Du ist, spricht über seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch als «Züger- Familie». Und: «In unseren Adern fliesst Milch, nicht Blut.» Die Hierarchien sind flach, die Identifikation der Angestellten mit der Firma gross. Breu weiss, was er an seinen Leuten hat: «Kühe machen keine Pause beim Milchgeben. Wir arbeiten im Schichtbetrieb rund um die Uhr – auch an Feiertagen.» Das ist denn auch eine Herausforderung des CEO: «Wir expandieren permanent, aber es wird nicht einfacher, neue Mitarbeitende mit Züger-DNA zu finden.»
MARIO BREU
Alter: 44
Ausbildung: dipl. Wirtschaftsprüfer
Lieblingsfrischkäse: Filona, der Schweizer Frischkäse
Hobby: Familie, Wandern, Camping
Sport: Rennvelo fahren, Spinning
Text: Franz Bamert
Foto: Christoph Kaminski